Elitenprojekt
Titel:
Wirtschaftseliten zwischen Konkurrenzdruck und gesellschaftlicher Verantwortung
Kurzbeschreibung:
Das Projekt ist Teil des Bielefelder Forschungsverbundes
„Desintegrationsprozesse“ und untersucht die Frage, wie sich Wirtschaftseliten
in der Bundesrepublik zu Tendenzen gesellschaftlicher Desintegration verhalten
und wie sie es diesbezüglich mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung halten.
Als machtvollste Gruppe der Gesellschaft beeinflussen bzw. fällen
Wirtschaftseliten Entscheidungen von gesamtgesellschaftlicher Tragweite; sie
nehmen in den öffentlichen Debatten eine prominente Stellung ein. Dabei zeichnen
sich widersprüchliche Haltungen ab: Einerseits betreiben Wirtschaftseliten ein
neoliberales Modernisierungsprojekt in globalem Maßstab, das, zumal unter
scharfem Konkurrenzdruck, gesellschaftliche Desintegrationstendenzen verstärken
kann. Andererseits sehen sie teilweise durchaus die Gefahr, dass
Desintegrationserscheinungen mittel- und langfristig negative Auswirkungen auf
Standorte und Investitionsverhalten haben können, dass sie positionale
Anerkennung, Motivation und Leistungswillen eines Teils der Arbeitnehmer
untergraben und hohe gesamtgesellschaftliche Kosten verursachen können. Wie
schätzen Wirtschaftseliten die aktuellen politischen und ökonomischen
Entwicklungen ein? Welches allgemeine Leitbild von Gesellschaft und
gesellschaftlicher Integration vertreten sie? Welche Ordnungsvorstellungen haben
sie? Wie sehen sie ihre eigene Verantwortung und Rolle im Spannungsfeld von
Staat, Markt und Gesellschaft? Hat sich ihr Selbstverständnis und ihre
Problemwahrnehmung verändert? Was denken sie im Hinblick auf Gleichheit und
Gerechtigkeit, wie stehen sie zur Kernnorm der Gleichwertigkeit der Menschen?
Diese Fragen, zu denen bislang allenfalls impressionistische Antworten
vorliegen, sollen empirisch-systematisch mit einem Mix von Quellen und Methoden
erforscht werden: a) mit einer Auswertung von Dokumenten der Wirtschaftseliten
sollen gesellschaftliche Leitbilder, Standpunkte und konkrete Forderungen und
Handlungen von Wirtschaftseliten im Hinblick auf Desintegrationsprozesse eruiert
werden; b) mit einer Inhalts- und Framinganalyse einiger bundesweiter und
regionaler Tageszeitungen soll die Haltung der Wirtschaftseliten zu Fragen
gesellschaftlicher Ordnung, Verantwortung und Lösungsvorschlägen im Hinblick auf
aktuelle Desintegrationsprobleme untersucht werden; c) in ca. 50
Leitfadeninterviews mit Top-Managern und hochrangigen Unternehmern geht es
konkret um Fragen der Problemwahrnehmung, der Zurechnung von Verantwortlichkeit
und um die praktischen Lösungsvorschläge der Unternehmerschaft; d) in acht
Fallstudien werden sodann analog zu einem eigens entwickelten Schema
gesellschaftlicher Verantwortung Stufen konkreter Verantwortungsübernahme oder
Verantwortungsablehnung exemplifiziert.
Laufzeit:
2002-2005
Art des Projekts / Förderung:
Gemeinsames Forschungsprojekt mit Prof. Dieter Rucht / BMBF
Projektbezogene Publikationen:
Christian Galonska: Die Wirtschaftselite im gesellschaftlichen Abseits. Von der Klasse an sich zur Klasse für sich? Wiesbaden 2012.
Vom Paternalismus zur Imagepflege? Eine empirische Untersuchung zur
gesellschaftlichen Verantwortung deutscher Wirtschaftseliten, Wiesbaden 2007
(im Erscheinen) (mit Dieter Rucht).
Profit oder Gemeinwohl – Fallstudien zur gesellschaftlichen Verantwortung
von Wirtschaftseliten, Wiesbaden 2007 (Hrsg. mit Dieter Rucht)
Globalisierung, Wirtschaftseliten und soziale Verantwortung, in: Arne
Niederbacher u.a. (Hrsg.), Die Globalisierung und ihre Kritik(er), Wiesbaden
2007.
Wirtschaftseliten und ihre gesellschaftliche Verantwortung, in: Aus Politik
und Zeitgeschichte, 4-5/2007, vom 22.1.2007, S. 3-10 (mit Dieter Rucht).
Verantwortungslose Wirtschaftseliten? in: Uni-Journal 1/2006, Universität
Marburg, S. 18-19.
Weitere Informationen finden sich unter
www.wirtschaftseliten.de